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ATTAC ist kein Schicksal - eine freiere Welt ist möglich!

Kristian Niemietz (29.11.2005)

15.000 Mitglieder hat ATTAC mittlerweile hierzulande, 30.000 sind es gar in deren Ursprungsland Frankreich. Anders als das Schmuddelkind NPD, die Globalisierungsgegner von rechts und damit das Spiegelbild von ATTAC, haben sie es dabei geschafft, sich als die Gralshüter des Guten und Edlen zu inszenieren. Dieser Beitrag soll zeigen, dass dieser pseudomoralische Glanz durch nichts gerechtfertig ist.

Es soll hier nicht darum gehen, eine ganz und gar nicht homogene Bewegung aus Bequemlichkeit auf einige leicht zu widerlegende Forderungen zu reduzieren. Noch weniger soll es darum gehen, jeden möglichen Kritikansatz von Links in Bausch und Bogen abzulehnen. Im Gegenteil: Dass Linke zu Themen wie soziale Mindeststandards, Kapitalverkehrskontrollen, Rolle von internationalen Institutionen, Entwicklungshilfe und vielem mehr andere Antworten geben als die traditionell staatsskeptischen Liberalen sollte niemanden verwundern – und niemanden stören. Konkurrenz belebt das Geschäft, und einige kritische Fragen von Links schaden uns ganz und gar nicht.

Die gegenwärtige Anti-Globalisierungsbewegung um ATTAC aber trägt lediglich zur Verwirrung eines ohnehin nebelumwobenen Begriffs bei und liefert einfache Scheinantworten. Sie stellen nicht die richtigen Fragen und geben schon gar keine richtigen Antworten. Die ganze Fragestellung, der ganze Argumentationsansatz basiert auf Irrglaube, Wunschdenken, Lug und Trug. Je eher diese Bewegung im Rückblick als peinliche Verwirrung aus der Frühphase der Globalisierung gewertet wird, desto besser.

Wer wen?

Die Anti-Globalisierungsfront profitiert von einer widersprüchlichen Bewertung des Phänomens der Integration der Volkswirtschaften. Da heißt es auf der einen Seite, Globalisierung sei die Ausbeutung des armen Südens durch den reichen Norden. Wir lassen es uns gut gehen, während wir unsere Drecksarbeit in Sweatshops der dritten Welt erledigen lassen, Pfenniglöhne zahlen und ganz nebenbei auch noch die dortige Kultur plattwalzen. Daneben gibt es noch ein ganz anderes, nicht minder beliebtes Bild: Qualifizierte Facharbeiter bei uns werden nach Hause geschickt, weil ein paar Gauner aus Übersee ihre Löhne aus reiner Bösartigkeit gnadenlos unterbieten. Wir geraten in eine Abwärtsspirale („race to the bottom“), bei der die westliche Welt nur verlieren kann. Beide Zerrbilder sind, obwohl sie einander offensichtlich widersprechen, gleichzeitig beliebt. Das nützt den Antiglobalisierern, die es scheinbar gleichzeitig allen recht machen können.

Mit Bauernverbänden und Gewerkschaften für gerechten Welthandel?

Dabei käme eine ernstzunehmende Bewegung für ein gerechteres Welthandelssystem, gleich welcher politischen Richtung, gar nicht umhin, sich mit einigen Interessengruppen im eigenen Land anzulegen. Sie müsste beispielsweise der natürliche Feind von Bauernverbänden sein, da diese die perverse Milliardensubventions- und Abschottungspolitik von Europa und Nordamerika, die der dritten Welt mehr schadet als irgend etwas sonst, am verbissensten verteidigen. Doch von wegen! In Frankreich, dem Mutterland der Globalisierungsfeinde, ist mit José Bové ein Funktionär des größten Bauernverbandes zum Held der Bewegung avanciert. Bové: „Jedes Land muss seine eigene Landwirtschaft entwickeln, damit es nicht von einem anderen Land abhängig wird und somit seine Freiheit verliert.“[1] Ein Grundrecht auf „Ernährungssouveränität“ soll nach seiner Auffassung in der UN-Charta festgeschrieben werden. Da weiß er sich einig mit Christiana Schuler vom attac-Agrarnetz, die auf der „Grünen Woche“ in Berlin verkündete: „Gemeinsam mit Bewegungen in Nord und Süd treten ATTAC und FIAN für das Konzept der Ernährungssouveränität ein.“[2]

Auch die Gewerkschaften müssten, würde man es ernst meinen, ihr Fett wegbekommen, stehen doch diese maßgeblich hinter dem Protektionismus der OECD-Arbeitsmärkte. Schon wieder Fehlanzeige: Überall sind Antiglobalisierer und Gewerkschaftler ein Herz und eine Seele, die auch gerne mal gemeinsame Aufrufe veröffentlichen. Da stört es dann auch nicht mehr, wenn Gewerkschaften, wie im Beispiel der USA, in merkantilistischer Manier Exportsubventionen fordern. ATTAC Deutschland lobt den DGB sogar ausdrücklich für seinen Arbeitsmarktprotektionismus, der die deutsche Sozialstaatsfestung vor Osteuropa schließen soll: „In Europa kämpfen die Gewerkschaften gegen die Bolkestein-Richtlinie zur Liberalisierung der Dienstleistungen“, heißt es in einem Werbeschreiben an den DGB unter dem Motto „Handel global – Menschen egal“. Daran läßt sich offenbar anknüpfen: „Wir bitten die deutschen Gewerkschaften, sich verstärkt mit der Handelsthematik zu beschäftigen.“[3]

Es zeigt sich: Für ATTAC ist diffus-moralinsaurer Antikapitalismus wichtig, Kohärenz ihrer Ideen ist es nicht. Wer nur irgendwie auf den Kapitalismus eindrischt, und das tun Bauernverbände und Gewerkschaften ganz bestimmt, der darf mitmachen.

Bekämpft den Turbokapitalismus! Nur: Wo ist er?

In den Schriften der Antiglobalisierer wird gerne der Eindruck erweckt, Globalisierung und weltweite Liberalisierung nach Innen und Außen seien bereits abgeschlossene oder zumindest extrem weit vorangeschrittene Prozesse.

Insbesondere den Entwicklungsländern sei ein ganz besonders fieser Raubtierkapitalismus aufgezwungen worden. Die Rankingliste „Economic Freedom of the World“ des Fraser-Institutes spricht eine andere Sprache. Hier nehmen die entwickelten Länder fast lückenlos die vorderen Plätze ein. Deutschland kommt auf Platz 22 von 123, was nichts anderes heißt, als dass die Dosenpfand- und Windradrepublik im weltweiten Vergleich noch als ein kapitalistischer Tiger erscheint. Das sollte einen Eindruck davon vermitteln, wie schwach die ökonomische Freizügigkeit auf der Welt tatsächlich in Wahrheit noch dasteht. Länder wie Russland und Brasilien, gerne als Opfer ihres „ultraliberalen“ Systems bezeichnet, rangieren in Wahrheit ganz weit unten.

Abschottung ist Selbstbestimmung

Moderatere Attac-Mitglieder betonen gerne, man verstehe sich nicht als Gegner, sondern als Kritiker der Globalisierung. Einige behaupten das mit vollem Recht von sich. Im programmatischen Teil der ATTAC-Homepage aber weht ein ganz anderer Wind. Schon im Gründungsdokument stand etwa zu lesen: „Globalisierung verschärft die wirtschaftliche Unsicherheit und die sozialen Ungleichheiten.[…] Die meisten Verkettungen dieser ungleichen Maschinerie zwischen Nord und Süd sowie innerhalb der entwickelten Länder selbst können noch rückgängig gemacht werden.“[4]

In ihrer Einladung zum „Europäischen Aktionstag“ liest man, ATTAC sei gegen Freihandel, „…weil dadurch die Ausbeutung der Menschen in den Länder des Südens festgeschrieben und die Zerstörung der Umwelt weiter voran getrieben, Nahrungsmittelsicherheit und der Aufbau einer eigenständigen Versorgung in diesen Ländern verhindert werden.“[5]

Schließlich wird in der offiziellen Stellungnahme zu einem Handelserleichterungsabkommen zwischen der EU und den AKP (Afrika-Karibik-Pazifik)-Ländern noch nebenbei erklärt, wie die ganze miese Globalisierungskiste eigentlich funktioniert:

„Senken die AKP-Staaten nach den Vorgaben der EU ihre Zölle für solche Produkte, die auch die eigene Industrie herstellt, werden die EU-Konzerne die Gewinner sein und die schwache eigene Industrie an die Wand drücken. Das Land wird mit billigen Importen überschwemmt und die eigenen Fabriken müssen geschlossen werden. Die AKP-Länder werden keine Möglichkeiten haben, eigene leistungsfähige Industrien vor der EU-Marktöffnung zu entwickeln, und bleiben damit ein von den großen Industrienationen abhängiger Rohstofflieferant.“[6]

Auch die Kollegen von ATTAC Östereich wissen: „Freihandel führt nicht zu breitem Wohlstand auf allen Seiten, sondern gefährdet weltweit die Mehrheit der ArbeitnehmerInnen, HandwerkerInnen, HändlerInnen, BäuerInnen, FischerInnen und indigene Bevölkerungen. Gewinner sind die Konzerne.“[7]

Zum Glück naht schon Abhilfe: „Attac fordert: Kein EU-AKP-Freihandelsabkommen: Freihandelsabkommen dienen nicht der Bekämpfung von Armut.[…] AKP-Staaten müssen ihre lokalen und regionalen Märkte schützen können.”[6]

Das sind ganz klare Plädoyers für Abschottung. In geschlossenen Grenzen, geschlossenen Gesellschaften und Selbstversorgertum soll das Heil der Menschheit liegen. Sicher, man findet bei ATTAC auch seriösere Globalisierungs“kritiker“, die internationalen Handel nicht ablehnen, sondern ihn „nur“ in ein straffes Korsett durch vor allem supranationale, aber auch durch nationale und regionale Regulierungseinrichtungen eingebettet und auf Sozial-, Umwelt- und Kulturverträglichkeit abgeklopft sehen möchten. Die Mehrheit von ATTAC jedoch, wie die Unterstützer der oben genannten Textstellen, will zurück in die Welt der Totalabschottung (pardon: „Selbstbestimmung“). Für die Erstgenannten ist eine politisch korrekte Variante von Preußen das Modell für die Welt, für die Letzteren aber ein gemäßigtes Nordkorea.

Kritik von Links könnte eine Bereicherung sein, aber die gegenwärtige Antiglobalisierungsbewegung ist wenig mehr als ein moderner Ablasshandel. Wer mitmacht, der darf sich mächtig aufgeklärt, weitsichtig, avantgardistisch und vor allem rundherum sozial fühlen. Eine Portion moralisches Wohlfühlen zum Billigtarif, wer will noch mal, wer hat noch nicht. Argumente spielen eine untergeordnete Rolle, wichtiger ist, welcher Beteiligte wie viele Che Guevara T-Shirts besitzt und wie laut er „neoliberal“ und „multinationale Konzerne“ schreien kann. Können wir als Liberale diesem albernen Zirkus nichts Besseres entgegensetzen? Wir können. Wir sollten!

Kristian Niemietz ist Mitglied der Libertären Plattform der FDP



 



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Herausgeber:
Libertäres Institut Bonn

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