Derzeit überziehen verschiedene Agenturen, Fernsehsender
und andere Partner Deutschland mit der Kampagne „Du
bist Deutschland“. Vor den schönsten Kinofilmen
wird man mit einem Spot belästigt. Da werden junge Menschen
in einem Atemzug aufgefordert, sich mal wieder die Hände
schmutzig zu machen und sich die Hände zu reichen, von
der Bremse zu gehen und ihr Land wie einen Freund zu behandeln.
Und alles ist natürlich politisch korrekt und multikulturell.
Darauf,
dass das logischer und sprachlicher Stuss ist, haben schon
viele hingewiesen. Doch die inhaltliche Dimension ist noch
viel unsinniger. Sie zeigt gleichzeitig, wie staatsgläubig
die Deutschen bis hinein in die Riege der Kreativen, der Selbständigen,
der Unternehmer geworden sind und wie wenige Menschen in Deutschland
sich selbst und anderen vertrauen. Zunächst klingt das
Manifest
wie eine Aufforderung dazu, das eigene Schicksal in die
Hand zu nehmen.
Es
ist schon traurig genug, dass dazu eine Kampagne notwendig
zu sein scheint. Die Ursache dafür ist offensichtlich:
Viele Menschen in Deutschland sind über Jahrzehnte von
ihren Volksvertretern, von denen, die auch heute für
„unser Land“ stehen, dazu erzogen worden, immer
mehr eigene Verantwortung abzugeben.
Gerade
deshalb ist die patriotische Prosa so widersinnig: warum muss
ich etwas für ein Land tun? Wie kann ich überhaupt
etwas für „ein Land“ tun, selbst wenn ich
es in patriotischem Überschwang als das meinige bezeichne?
Deutschland krankt nicht an mangelndem Patriotismus. Deutschland
krankt nicht daran, dass die Menschen zu wenig für ihr
Land tun.
Deutschland
krankt vielleicht auch daran, dass Menschen zu wenig für
andere tun. Deutschland krankt aber vor allem daran, dass
viele Menschen zu wenig für sich selbst tun, nicht langfristig
handeln und sich so immer mehr in Abhängigkeit vom Staat
und politischen Entscheidungsträgern begeben, dass sie
auf Deutschland mehr vertrauen als auf sich selbst. Und dieses
Vertrauen hat Deutschland genauso wenig verdient wie irgendein
anderer Staat, sei er auch eine Demokratie und ein Rechtsstaat.
Sascha
Tamm ist Mitarbeiter des Instituts
für Unternehmerische Freiheit.

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