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Von scheinbaren Irrtümer und sogenannten "Liberalen"

Thorsten Boiger (23.11.05)

Ein Gegenplädoyer zu Nouwrousian/Hartwich: „Die Irrtümer des Hans-Hermann Hoppe

Hans-Hermann Hoppe provoziert. Dies ist alles andere als eine neue Erkenntnis, stammt sie doch bereits von seinem großen Lehrmeister, dem leider viel zu früh verstorbenen spiritus rector der libertären Bewegung, Professor Murray Rothbard. Hoppes Aussagen sorgen für reichlich Streitpotential – auch und gerade unter denjenigen, die sich den Kampf für die Freiheit auf die Fahnen geschrieben haben. Hoppe gerät – wie übrigens vor ihm auch bereits Friedrich von Hayek – immer wieder in Situationen, in denen er zwischen seinem eigenen, konservativen Lebensstil und der von ihm vertretenen libertären Theorie nicht deutlich genug unterscheidet. Daher gibt es zweifellos Anlass zu berechtigter Kritik an Hoppe, und auch ich stehe ihm nicht ganz unkritisch gegenüber, erscheint mir doch ein Teil seiner Lehre im Vergleich zu der des unvergleichlichen Murray Rothbard eher ein Rückschritt zu sein.

Dennoch sollten zwei Dinge klar sein: Nicht jede Kritik an Hoppe ist fundiert und berechtigt. Und bei weitem nicht jeder, der sich „liberal“ nennt, ist ein Freund der Freiheit. Und kommt nun beides zusammen – scharfe Kritik an Hoppe von (zumindest selbsternannten) Liberalen – sollte man doppelt gründlich prüfen, von wem hier welche Kritik und warum geäußert wird. Denn fest steht: Wenn zwei Seiten für sich in Anspruch nehmen, für die gleiche Sache zu kämpfen – in diesem Fall die Freiheit –, aber beide dafür in zumindest vielen Punkten gänzlich konträre Lösungen vorschlagen, scheint zumindest eine der beiden Seite nicht die Freiheit zu wollen.

Zu diesem Schluß kommen auch die beiden nach eigener Aussage klassisch-liberalen Juristen Bijan Nouwrousian und Oliver Marc Hartwich, wenn sie in ihrer Kritik „Die Irrtümer des Hans-Hermann Hoppe“ – eine Antwort auf dessen Vortrag beim Seminar "Libertäre und Liberale" in Gummersbach – zu dem Ergebnis kommen, Hoppes Libertarianismus [Anm.: Die Autoren verwenden hier als Übersetzung für das englische „libertarianism“ den Begriff „Libertarismus“] sei „genau das Gegenteil des Liberalismus und eine Gefahr für die Freiheit“ (S. 1). Ich werde im Folgenden den Versuch unternehmen, diese Behauptung nicht nur zu widerlegen, sondern darüber hinaus ihr Motiv und die Methodik der Autoren herausstellen, und dabei belegen, dass nicht etwa die Anarcho-Kapitalisten, sondern Pseudo-Liberale nach dem Vorbild der Herren Nouwrousian und Hartwich in diesem Fall die eigentlichen Apologeten des Zwangsmonopolstaates und damit Feinde jeder Freiheit sind.

Wer ihre polemische Kritik liest, merkt auf den ersten Blick, dass es sich bei den Autoren um Deutsche handelt. Niemand sonst wäre so perfekt in der Lage, die „Faschismuskeule“ als Mittel der politischen Diskreditierung zu gebrauchen. Gelingt es heute in Deutschland einem politischen Agitator, seine Gegner irgendwie in die Nähe von Hitler und den Nazis zu bringen, hat er faktisch in den Augen der breiten Öffentlichkeit schon gewonnen, denn damit steht sein Gegenüber in der Ecke der puren Essenz des Bösen. So ist es auch nicht erstaunlich, dass man bei der Lektüre des Textes insgesamt nicht weniger als zehnmal auf die Begriffe „Nazi“, „rechtsextrem“, „rechtsradikal“ und „totalitär“ stößt. Dabei schrecken die beiden Juristen überraschenderweise nicht einmal vor der Nutzung dessen zurück, was man in ihrem Fach mindestens Hörensagen, unter Umständen sogar üble Nachrede nennt, schreibt doch der Autor Hartwich in der seinen Text begleitenden Email, dass ihm jemand berichtet habe, Hoppe hätte in einem obskuren „kleinen Kreis“ gesagt, „Leute wie Karl Popper“ hätten „von den Nazis vergast werden sollen“ [Anm. im Original auf Englisch, Übersetzung von mir].

Auch hätten die beiden anarchokapitalistischen Gummersbach-Referenten Hoppe und Jörg Guido Hülsmann kein Problem mit dem Nachdruck (offenbar libertärer) Artikel in Magazinen von „Holocaustleugnern“ keine Probleme gehabt, ja Hülsmann sogar die unerhörte Gegenfrage gestellt, warum eigentlich „Holocaustleugner nicht liberal sein“ könnten. Dies passt natürlich ins Bild, denn schließlich ist Hoppe in der Vergangenheit bereits mehrfach durch Äußerungen aufgefallen, die ihm den Vorwurf eingebracht haben, intolerant und schwulenfeindlich zu sein. Auch die Autoren widmen diesem Thema mehrere Absätze in ihren Ausführungen, wenngleich sie am Ende ihre eigene Anklageschrift dadurch notgedrungen relativieren müssen, dass ja tatsächlich ein Holocaustleugner nicht zwingend anti-liberal sein müsse, ABER es natürlich völlig unzweifelhaft doch so sei, dass in der Praxis die Holocaustleugner diejenigen seien, die die Naziregentschaft reinwaschen wollten, also implizit gesagt selbst Nazis seien (S. 14).

Aber bevor wir Hoppe nun der Heiligen Demokratischen Inquisition vorwerfen und verbrennen lassen, schauen wir einmal genauer hin, was die beiden Ankläger da alles durcheinander bringen. Zunächst möchte ich feststellen, dass ich persönlich Hoppes Äußerungen über Homosexuelle und Co eher als Provokation auffasse. Es ist aber müßig, darüber zu diskutieren, da weder ich noch die beiden Herren Autoren in den Kopf von Hoppe hineinschauen können, und zumindest ich mich auch nicht zum Hobby-Psychologen berufen fühle. Nehmen wir also für einen Moment mal an, Hoppe sei ein intoleranter, homophober Rassist, und er habe deshalb nichts gegen Holocaustleugner, weil ja auch die – auch dies können wir wieder ungeprüft übernehmen, weil es irrelevant ist – Antisemiten und damit Rassisten sind. Wir stehen also nun vor der Frage, ob jemand, der keine Schwulen, keine Juden, keine Demokraten, Kommunisten, meinetwegen auch keine Frauen, Kinder, Christen, Neger und Behinderte mag, ob also eine solche Person zwingend antiliberal im Sinne von gegen die Freiheit sein müsse. Warum sollten sie?

Wenn ich meinen Nachbarn hasse, wird er dadurch in seiner Freiheit oder seinem Eigentum verletzt? Nein, keineswegs. Wenn Hoppe Schwule nicht mag – schmälert das die Freiheit der Schwulen? Nein, wie denn auch. Wenn jemand den Holocaust leugnet und Juden hasst – schadet das den Juden? Die Antwort kennen wir bereits. Erst, wenn ich hergehe, und meinen Nachbarn mit dem Baseballschläger eins überbrate – erst dann verletze ich seine Freiheit, das heißt, sein Selbsteigentum. Meine Meinung und ihre Äußerung tangiert ihn überhaupt nicht. Und hier schaffen wir auch den Übergang zu Hoppes anarchokapitalistischen Gesellschaften: Hier könnte tatsächlich jeder so leben, wie es ihm gefällt. Rassisten könnten sich ihre arisch-befreite Zone auf ihrem Eigentum errichten und morgens mit Hitlergruß das Hissen der Reichskriegsflagge begleiten. Schwulenfeinde könnten ein großes Schild an ihre Tür hängen: „Kein Zutritt für Schwuchteln!“ Und die Juden und die Homosexuellen und all die anderen könnten das gleiche mit Nazis oder sonst wem machen, solange keiner Leben, Freiheit und Eigentum des anderen verletzt. Wie sieht es dagegen mit dem aufrechten Demokraten aus, wie ihn die Autoren auf Seite 14 als Gegenbild darstellen, das Grundgesetz unterm Arm und ein schwarz-rot-goldenes Funkeln in den Augen? Er ist ein Feind der Freiheit, jeder Freiheit, denn Demokratie ist Herrschaft, illegitime Herrschaft von Menschen über Menschen, die Diktatur der Mehrheit über die Minderheit. Alleine dadurch, dass er sich anmaßt, in irgendeiner Form jemand anderem durch Wahl oder sonstige Entscheidung vorzuschreiben, wie dieser zu leben habe – und sei es nur, ihn zu zwingen, kein Rassist zu sein – ist er nichts anderes als ein Sklavenhalter.

Die Autoren erkennen dies natürlich nicht, sind ihre Kenntnisse in Rechtsphilosophie doch niemals über die universitäre Staatsrechtfertigungslehre hinausgekommen. Da wird Hoppes „natürlicher Ordnung“ schon mal ernsthaft das lächerliche Konstrukt des „Gesellschaftsvertrags“ gegenübergestellt. Wann, meine Herren, hat den denn wer unterschrieben? Ich für meinen Teil habe jedenfalls dem vom Parlamentarischen Rat unter dem Druck fremder Besatzungsstreitkräfte ausgearbeiteten „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ nie zugestimmt. Dennoch hat es angeblich Geltung für mich, weil ja alle Menschen, quasi ohne es zu wissen, freiwillig diesen ominösen Gesellschaftsvertrag unterschrieben haben. Eine rechtlich völlig unhaltbare Argumentation, auf die die Autoren nur verfallen, weil sie offenbar der Meinung sind, Hoppe und der Anarchokapitalismus seien irgendwie von Himmel gefallen. Dass der amerikanische Jurist Lysander Spooner in seiner genialen Abhandlung „No Treason: The Constitution of No Authority“ [im Deutschen erschienen als „Kein Landesverrat. Die Verfassung besitzt keine Autorität“, espero, Berlin 2004] bereits vor über 150 Jahren die Idee des Gesellschaftsvertrags so gründlich und vernichtend widerlegt hat, dass sich diejenigen, die sie heute noch verwenden, eigentlich schämen sollten – das wissen die beiden Herren Musterjuristen natürlich nicht.

Überhaupt scheinen die beiden in ihrer Studienzeit in den Vorlesungen zur Rechtsphilosophie entweder geschlafen oder gefehlt zu haben, sonst würden sie auch Hoppes Methodik, die er angeblich aus den Wirtschaftswissenschaften auf die Gesellschaftsphilosophie übertragen hat (S. 3), zweifellos wiedererkennen – immerhin ist es methodisch die gleiche, die auch Grundlage für die Rechtsphilosophie Immanuel Kants ist, so wie er sie in seinen „Metaphysischen Anfangsgründen der Rechtslehre“ darlegt. Recht ist laut Kant „der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit vereinigt werden kann“. Ich stelle fest, dass dieser Satz nur für das libertäre Vernunftrecht zutrifft – für alle anderen Rechtsauffassungen keinesfalls. Diese Denktradition scheint an den Autoren aber vorübergegangen zu sein, sonst würden sie sich keinesfalls derartig an dem Begriff der „natürlichen Ordnung“ stoßen; schließlich hat Recht für deutsche Juristen gefälligst das zu sein, was der Staat an Befehlen erteilt. Keineswegs könnte sich die Rechtsordnung schon aus der Natur des Menschen ergeben. Und wenn man ein Rechtssystem gar noch – wie absurd! – mit Hilfe der reinen Vernunft aufzustellen gedenkt, dann steht das natürlich gefälligst sofort unter Ideologieverdacht.

Auch ansonsten scheinen mir die beiden Herren unter einem nicht zu übersehenden Theoriedefizit zu leiden. Dafür, dass zumindest Hartwich sich Diplom-Ökonom nennt, hat er erstaunlich wenig Ahnung von der zwangsläufigen Ineffizienz von Monopolen. Der Staat steht als Sicherheitsanbieter nicht im Wettbewerb – wie und warum sollte er effizient Verbrechen bekämpfen? Wegen der Verwaltungsgerichtsbarkeit? Dieser Idee folgend könnte man auch annehmen, der Sozialismus würde wunderbar effizient funktionieren, wenn man nur genügend Kontrolleure einstellte. Zwangsmonopole sind immer ineffizient, daran führt kein Weg vorbei. Und genau diese Einsicht war es, die die Minimalstaatsliberalen seinerzeit erstmals ihren Götzen „Staat“ hinterfragen ließ – der belgische Liberale Gustave de Molinari setzte in seiner Abhandlung „Über die Produktion von Sicherheit“ ein epochales Meisterwerk, moderne Ausführungen dazu finden sich insbesondere bei David Friedman. Dessen Lektüre empfiehlt sich für die beiden Autoren schon deshalb, weil sie Hoppes „natürlicher Ordnung“ unterstellen, es habe sie noch nie gegeben. Friedmans Ausführungen über das mittelalterliche Island würden sie eines besseren belehren. Wobei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen sei, dass sie selbst es sind, die mit dem Gesellschaftsvertrag einer Fiktion anhängen, die so nirgends existiert hat und nur dazu dient, auf Umwegen den Staat irgendwie doch noch mit dem natürlichen Recht zu versöhnen.

Da wir das Thema „Verwaltungsgerichtsgerichte“ gerade angeschnitten haben, auch hierzu noch eines. Verwaltungsgerichte urteilen keineswegs, wie die Autoren glauben, gegen den Staat. Denn Verwaltungsgerichte machen genau das, was in staatlichen Gesetzen steht – sie schützen nicht den Bürger, sondern letztlich nur die Autorität des Gesetzgebers vor der Verwaltung. Keine sehr heroische Tat, wie mir scheinen will.

Da nun die beiden Herren aber ohnehin einer sehr teleologischen Rechtsauffassung anzuhängen scheinen, ist noch zu fragen, was denn an ihrer Kritik über die Non-Funktionalität einer anarchokapitalistischen Gesellschaft aus dem Blickwinkel der Juristen zu sagen ist. Zunächst einmal greifen die beiden Juristen hier erneut auf einen sehr zweifelhaften Trick zurück, nämlich auf einen sog. Strohmann. Das ist, vereinfacht gesagt, ein Stilmittel, bei dem man, statt auf den Gegner bildlich gesprochen auf eine Strohpuppe einschlägt. Statt also auf Hoppe einzugehen, greift man etwas auf, was man in seine geistige Nähe bringt und widerlegt dann dies – statt Hoppe. So geschehen ab Seite 8, wo Hoppe verantwortlich gemacht wird für die sinngemäße Aussage mal wieder eines anonym gebliebenen Seminarteilnehmers, dass es ohne Staat kein Verbrechen mehr gäbe. Diese These ist für jedermann so offensichtlich lächerlich, dass es kaum wert gewesen wäre, sie wiederzugeben – es sei denn, man kann sie in die intellektuelle Nachbarschaft Hoppes bringen und ihn mitverantwortlich für solchen Schwachsinn machen.

Dieses durchschaubare Spielchen wiederholt man gleich noch einmal, wenn man Hoppe die 68er-Vorstellung eines reinen Deliktrechts bringt. Nun ist mir nicht bekannt, ob Hans-Hermann Hoppe tatsächlich der Meinung ist, dass ein libertäres Strafrecht lediglich auf der Schadenswiedergutmachung basiert; sollte es so sein, wäre er damit eindeutig von der Meinung seines Lehrmeisters Rothbard – der für die libertäre Bewegung bei weitem bedeutender ist als Hoppe – abgewichen, der zugleich neben die Wiedergutmachung die Vergeltung stellt. Hierbei kann Vergeltung aber nicht, wie im derzeitigen staatlichen Unrechtssystem bedeuten, dass das Opfer einer Straftat gezwungen wird, mit seinen Steuern für den Täter Anwalt, Gefängnis und Resozialisierungsprogramm zu bezahlen. Der biblische Rechtsgrundsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ ist der einzig ernstzunehmende Ansatz für die Festlegung eines gerechten Sühnemaßes.

Tatsächlich sind dies aber dann auch die einzig legitimen Funktionen eines Strafrechts – die Kriminalitätsprävention ist eine absurde und zutiefst totalitäre Idee, die dem Staat das Recht und den Auftrag zubilligt, seine Bürger zu erziehen. Überhaupt ist sie, wie Murray Rothbard feststellt, in sich unlogisch, denn da Menschen aus Gewissensgründen bei weitem eher einen Kaugummi klauen, als einen Mord zu begehen, müsste der Präventionsidee folgend auf den Diebstahl eines Kaugummis – und auf Falschparken! – die Todesstrafe stehen, auf Mord dagegen nur einige Monate Bewährungsstrafe.

Haben sie keine Strohmänner mehr, bemühen die Autoren absurde Beispiele von Satanisten, die mit einer Frau einen Vertrag schließen, dass diese für sie als Brutkasten für ein Kind dient, welches dann von den Satanisten als Neugeborenes geopfert werden kann. Leider ist das Beispiel noch nicht absurd genug, um es nicht problemlos aus libertärer Sicht zu beantworten. Solange das Kind noch nicht geboren ist, hat es schlicht keine Rechte. Diese Einsicht findet sich sogar im auf römisches Recht fußenden BGB: „Die Rechtsfähigkeit eines Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.“ Solange das Kind sich im Bauch der Mutter befindet, kann es also nicht Rechtsträger sein. Dennoch wird dem Satanisten keine Möglichkeit bleiben, sein Neugeborenenopfer zu bringen – denn ist das Kind erst mal geboren, ist es selbstverständlich Eigentümer seiner selbst und haben die Eltern nur noch treuhänderische Befugnisse, bis es seine Eigentumsrechte in vollem Umfang selbst ausüben kann. Der Vertrag ist somit nichtig. Ja es wäre sogar ein solcher Vertrag nichtig gewesen, der die Mutter verpflichtet hätte, sich nach der Geburt des Kindes, das die Satanisten als neuen Erlöser feiern wollen, der keine Mutter hatte, töten zu lassen, weil sie ihr Selbsteigentum nicht veräußern kann – selbst, wenn sie es wollte.

Es bleibt ein letzter Vorwurf, vielleicht der zentrale, den Anarchokapitalisten immer und immer wieder zu hören bekommen. Ihre Idee sei utopisch, die konkurrierenden Rechtsagenturen könnten zu Verbrecherbanden werden und – ein Motiv von Hobbes – permanenten Bürgerkrieg führen. Für eine ausführliche Widerlegung fehlt hier der Platz und mir die Zeit und die Lust, denn immerhin füllt diese Widerlegung ganze Bücher. Nur soviel: Warum sollten die Rechtsagenturen das tun? Sie würden dann permanent in Konflikt mit allen anderen Agenturen geraten, die sich das zweifellos nicht gefallen ließen. Sie hätten auch keine Kunden mehr, weil sich die einfach neue Beschützer suchen würden. Schon mal versucht, aus einem totalitären Staat auszutreten...? Warum sollten Rechtsagenturen schneller zur kriminellen Vereinigungen mutieren als Staaten zum Totalitarismus? Warum sollte das gefährlich sein, schließlich wären Machtmittel einer solchen mafiösen Vereinigung um ein vielfaches kleiner als die heutiger Staaten, die unbeschränkte und unbeschränkbare Herrschaftsmittel zur Verfügung haben, Armeen, Polizisten – Staatsanwälte...

Kurz gesagt, es gibt keinen Grund anzunehmen, dass solche Rechtsagenturen häufiger ihre Möglichkeiten missbrauchen würden, als es der Staat tut. Und wenn sie es täten, dann könnte das niemals den Umfang erreichen, den staatliche Macht erreicht. Mit diesen Argumenten führen die beiden Autoren sich selbst ad absurdum: Sie stellen treffend fest, dass Macht immer die Möglichkeit ihres Missbrauchs beinhaltet – und wollen dann nicht mehr als die schrankenlose Macht eines Gewaltmonopolisten.

Stellt sich zuletzt die Frage, wie zwei intelligente Menschen zu so einem Unsinn fähig sind. Freundlicherweise liefern sie ihr Motiv am Ende des Textes gleich mit: Weil ihnen, den beiden braven Staatsdienern, Hoppe den Spiegel vorgehalten hat! Ich frage mich ja schon, wie man ernsthaft behaupten kann, für die Freiheit zu sein, und gleichzeitig advocatus diaboli, also Anwalt des Staates, sein kann. All die Angriffe sind nicht mehr als eine beleidigte Verteidigungsschrift für das Monopol, von dem die Autoren leben. Lieber verbeamtet ein paar Drogenhändler und Steuersünder verfolgen, als sich am Ende noch als Sicherheitsanbieter mit echten Kriminellen herumschlagen müssen. Wie viel Verlogenheit, wie viel Persönlichkeitsspaltung gehört eigentlich dazu, sich als Inquisitor einen „Ketzer“ zu schimpfen? Oder ist das am Ende einfach nur Taktik? Wieder einmal der Wolf im Schafspelz?

Festzustellen bleibt jedenfalls, dass nicht etwa Hans-Hermann Hoppe und die Anarchokapitalisten die Feinde der Freiheit sind. Es ist auch nicht sein Gesellschaftsbild, das wirren, realitätsfremden Konstrukten entspricht. Und es sind auch nicht die Rassisten und die Schwulenhasser, die eine Gefahr für die Freiheit darstellen. Es sind demokratische Inquisitoren, die Recht mit Erlaubnis und Freiheit mit Sklaverei verwechseln, welche die wahren Feinde der Freiheit sind.

Thorsten Boiger ist Mitglied der Libertären Plattform der FDP


 



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Herausgeber:
Libertäres Institut Bonn

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