Roland Baader
hat wieder zugeschlagen! Der wortgewaltige Autor, der in
den letzten Jahren so gut wie alle Spielarten des Kollektivismus
mit messerscharfer Feder seziert hat, wendet sich diesmal
einer kaum beachteten, aber nicht minder gefährlichen
Variante zu: dem monetären Sozialismus der Zentralbanken
und des IWF. Mit dem theoretischen Rüstzeug von Ludwig
von Mises, Murray
N. Rothbard und Friedrich
von Hayek im Gepäck geht er der Frage auf den Grund,
was eigentlich Geld ist – und warum es in staatlichen
Händen zur gefährlichen Waffe wird.
Gleich zu beginnt fällt Baader mit der Tür ins
Haus mit einem Statement, das auch Ökonomiekundige
überraschen wird: Unsere staatlichen Papierwährungen
sind kein Geld. Geld ist nie per Dekret eingeführt
worden, sondern hat sich im Frühstadium fast aller
Kulturen spontan und freiwillig gebildet. Akteure auf Realtauschmärkten
entdeckten es als Vorteil, Güter zunächst über
den Umweg eines leichter tauschbaren Gutes zu handeln, dass
Eigenschaften wie Haltbarkeit, beliebige Teilbarkeit, universale
Beliebtheit usw. besser erfüllte. Ein einziges Gut
kristallisierte sich im Laufe der Zeit heraus, meist Gold
oder Silber.
Aus einem Gebrauchsgut ist dann ein Tauschmedium geworden.
Die „Kaufkraft“, die dieses Medium heute hat,
bestimmt, wie viel morgen davon nachgefragt werden wird.
Die Nachfrage morgen wird, zusammen mit dem Angebot, die
Kaufkraft morgen bestimmen. Die wiederum bestimmt die Geldnachfrage
übermorgen, diese die Kaufkraft übermorgen und
so fort.
Durch diese Verkettung lässt sich der Wert einer Geldeinheit
theoretisch von jedem Zeitpunkt ausgehend zurückverfolgen
bis zu dem Tag, als es noch kein Geld war, sondern um seiner
selbst willen nachgefragt wurde (das Mises’sche „Regressionstheorem“).
Das Echo dieses Gebrauchswertes kann so bis heute nachhallen.
Anders könnte Geld nie eingeführt werden, denn
welchen Gegenwert in Waren sollte der Emittent auf einen
Schein schreiben? Er müsste alle Güter, die es
in der Ökonomie gibt, auflisten, mit der jeweiligen
Menge davon, die der Schein wert sein soll. Dazu aber müsste
er alle relativen Preise kennen, und die können niemandem
jemals bekannt sein.
So aber zirkulierten Gold und Silber, oder Aufbewahrungsscheine
davon, Jahrhunderte lang problemlos als staatsfreie Währungen.
Auch als staatliche Notenbanken das Geld schließlich
nach einigen erfolglosen Versuchen bei sich monopolisierten,
war es zumeist noch auf dem Goldstandard, der immer noch
jahrzehntelang fast konstante Preise ermöglichte. Mit
dem ersten Weltkrieg aber wurde dieser fallen gelassen,
und die Notenbanken konnten beginnen, ungedecktes Scheingeld
(„Fiat Money“) aus vollen Rohren zu feuern.
Bis heute.
Tatsächlich?
Sind die Zentralbanken nicht längst unabhängig und
auf Stabilität des Preisniveaus bedacht? Sind nicht Euro,
Dollar und Yen stabile Währungen und die Inflation sehr
niedrig? Kaum. Denn erstens sind die Aktien- und Immobilienblasen
unserer Zeit nichts anderes als eine Form der Inflation, da
„easy Money“ zu riskanten Spekulationen verführt.
Zweitens müssten bei Steigerungen der Produktivität
eigentlich die Preise sinken. Selbst eine ausgewiesene Inflationsrate
von Null würde dann also nur bedeuten, dass Geldentwertung
und produktivitätsbedingte Preissenkungen einander gerade
ausglichen.
Was
bewirkt die fortwährende Vermehrung des Geldes? Glaubt
man der Konjunkturtheorie der „Österreichischen
Schule der Nationalökonomie“, der Baader angehört,
so ist diese die Ursache von Konjunkturzyklen. An einem staatsfreien
Geldmarkt würde sich ein Marktzins (der „natürliche
Zins“) bilden. Dieser wäre das wichtigste aller
Preissignale, da er das Verhältnis zwischen Investitionen
und Konsum (die „Produktionsstruktur“) und das
Verhältnis zwischen Investitions- und Konsumgüternachfrage
(die „Zeitpräferenzrate“) in Einklang bringen
würde. Erhöht der Staat die Geldmenge, so sinkt
der tatsächliche Zins unter den natürlichen Zins.
Durch dieses falsche Signal steigt der Investitions- zu Lasten
des Konsumanteils, die Produktionsstruktur wird verzerrt und
passt nicht mehr zur Zeitpräferenzrate. Ein künstlicher
Investitionsboom setzt ein, aber irgendwann können die
Überkapazitäten im Investitionsgüterbereich
nicht mehr profitabel sein und müssen abgebaut werden.
Es
kommt zur Rezession, die nach dieser Auffassung nicht per
se etwas schlechtes ist, sondern die leider notwendige Bereinigung
der vorangegangenen Verzerrungen. Lässt sich die Geldmenge
beliebig vermehren, so muss der Druck auf den Emittenten,
dem Abschwung mit monetärer Expansion entgegenzutreten,
unerträglich sein, auch dann, wenn dieser „unabhängig“
ist. Eine neuerliche Erhöhung der Geldmenge aber wird
nicht nur den strukturellen Heilungsprozess aufschieben, sondern
genau jene Verzerrungen der Produktionsstruktur, die erst
zur Krise geführt haben, noch weiter verstärken!
Der Kater nach dem Exzess wird trotzdem unvermeidlich sein,
und je länger er hinausgezögert wird, desto schlimmer
wird er werden. Baaders Befürchtung: Wird, wie seinerzeit
bei der Weltwirtschaftskrise, der Crash fälschlicherweise
den schwachen Resten des Kapitalismus
angelastet, so werden autoritäre Kräfte bereitstehen
und auch die kümmerlichen Reste der Freiheit vollends
zertrümmern.
Auf
eine Einsicht der Regierenden kann laut Baader nicht gehofft
werden. Zu groß ist die Versuchung eines Monopols an
beliebig vermehrbarem Geld – an dessen Inflationierung
eben nicht alle verarmen. Für die frühen Empfänger
des neuen Geldes, den Staat und seine Günstlinge, gelten
nämlich noch die alten Preise. Je weiter unten man aber
in der Geldvermehrungskette steht, desto mehr verliert man
durch die längst gestiegenen Preise. Inflation ist also
eine Form der heimlichen Besteuerung.
Sein übriges tut nach Baader das System des „fractional
reserve banking“, dass dem Bankensystem ermöglicht,
die gleichen Einlage mehrfach zu verleihen (lediglich abzüglich
des Mindestreservesatzes), und so aus einer kleinen Einlage
eine riesige Kreditmenge herbeizaubert. Für Baader eine
Form von Raub: Die Kreditpyramide vermehrt das Geld, und inflationiert
damit jede Einheit des bereits vorhandenen Geldes, also auch
die ursprüngliche Einlage.
Zu viele haben es sich im System aus gedrucktem Geld und Kreditpyramiden
eingerichtet, so die Brandstifter (Zentralbanken und Regierungen),
die Großfeuerwehr (der IWF) und die Regenmacher (die
Gewerkschaften).
Der Staat
kann vorgaukeln, seine Wohltaten kämen aus dem Nichts,
und wo das nicht mehr reicht, Monster-Schulden anhäufen,
die ansonsten unmöglich wären. Er wächst dadurch
ins Unermessliche. Der IWF, indem er mittels Scheingeld die
Verantwortlichen riskanter Investitionen von den Folgen freikauft,
fördert damit riskantes Spekulantentum und macht Krisen
wie die in Asien und Argentinien wahrscheinlicher. Die Gewerkschaften
können ihre Lebenslüge, die Lohnhöhe resultiere
aus einem Machtkampf zwischen Arbeit
und Kapital (und nicht, wie es sich verhält, aus dem
Grenzprodukt der Arbeit), nur aufrechterhalten wenn die durch
sie verschuldete Arbeitslosigkeit durch Geldexpansion verdeckt
wird. So gelangt Baader zu dem Schluss, dass Leviathan nur
beschränkt werden kann, wenn ihm sein Mastfutter, das
Geldmonopol, entzogen wird. Ansonsten gar nicht.
Baader
beschließt sein Buch mit der Präsentation einiger
klassischer möglicher Auswege aus der Geldfalle. Hayek
stellte sich private Währungen vor, die um Stabilität
konkurrieren würden. Rothbard
wollte die Landeswährung als Gewichtseinheit für
Gold definieren. Dann könnte Gold statt in Gramm oder
Unzen z.b. auch in „Euro“ gemessen werden, sowie
eine Strecke in Metern gemessen wird, und die Zentralbank
müsste ihre Goldreserven den rechtmäßigen
Eigentümern zurückgeben, bevor sie aufgelöst
wird. Am aussichtsreichsten ist vielleicht der Vorschlag von
Hans Sennholz, der einfach nur die Institution des „gesetzlichen
Zahlungsmittels“ abschaffen und den Markt den Rest erledigen
lassen würde.
Baaders
Buch ist die große Chance, eine konsequent freiheitliche
Position zum Geld endlich aus der Nischenposition zu befreien,
in der es sich selbst im Freiheitslager befindet. Er schreibt
wie gewohnt einfach, ohne zu vereinfachen, ermöglicht
das Begreifen aktueller Phänomene im Licht der klassischen
Theorien der alten Meister, und entzaubert dabei so manchen
Mythos. Das Buch hat aber auch die eine oder andere Schwäche.
So ist die mehrmalige Darstellung der Geld-Frage als die zur
Zügelung Leviathans alles entscheidende, aus der sich
alles weitere von selbst ergibt, vielleicht etwas überzogen.
Hohe Steuern, hohe Schulden und selbst hohe Arbeitslosigkeit
werden von der Bevölkerung akzeptiert und der Regierung
kaum angelastet. Daher könnte auch eine ehrliche Währung
diese Übel nur mindern, nicht beseitigen. Möglichkeiten
zur Verschleierung hätte der Staat trotzdem mannigfaltig,
man denke nur an den „Arbeitgeberbeitrag“. Vor
lauter Beweihräucherung der Österreichischen
Schule versäumt Baader es auch, solchen Freiheitsfreunden,
die methodisch z.b. der Chicago School näher stehen,
eine Brücke zu bauen. Dabei ließen sich sicher
auch dort Manche von der Idee eines von staatlicher Willkür
vollkommen befreiten Geldes begeistern.
Das
mindert aber in keiner Weise das Lesevergnügen. Die Freiheitsliebe,
die auf jeder Seite mitschwingt, und die Wut auf die zahllosen
Anmaßungen des Staates machen es Freunden der Freiheit
schwer, sich nicht mitreißen zu lassen. Wer an dieser
Stelle noch nicht überzeugt ist, sich das Buch zuzulegen,
der tue es wenigstens aus diesem Grund: Baader zu lesen ist
eine Wohltat!
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